Mit Fachexpertise zur Stadt der Zukunft

Bild der Fachbeiratssitzung online

Ulm hat die Weichen für die Zukunft gestellt. Darin sind sich die Expertinnen und Experten des Fachbeirats einig, der die Stadt als „Modellprojekt Smart cities“ begleitet. Die bundesweite Runde, die bei ihrer zweiten Sitzung coronabedingt online tagte, ist sich sicher, dass Ulm als Testraum für digitale Lösungen zum Vorbild für andere Kommunen werden kann.

Ulm. Es ist ein namhaftes Gremium. Der Fachbeirat, der Expertinnen und Experten aus den Bereichen Stadtentwicklung, Technologie und Ethik vereint, spielt eine wichtige Rolle für die Stadt. Mitte Oktober diskutierten sie an den Bildschirmen über Zwischenergebnisse und anstehende Herausforderungen. Denn in Ulm geht es darum, sektorübergreifende SmartCity-Strategien für das Stadtleben der Zukunft zu entwickeln und zu erproben. Zudem bringen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter namhafter Institutionen und Institute Lösungsvorschläge ein und fungieren als bundesweite Multiplikatoren des Projekts, das vom Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) gefördert wird. 

Nachhaltig und intelligent
Im Rahmen des Modellprojekts „Ulm4CleverCity“ soll in den kommenden Jahren beispielhaft erprobt werden, wie Digitalisierung nachhaltig und intelligent gestaltet werden kann. Sabine Meigel: „Es geht darum, die Stadt und ihre digitale Infrastruktur so aufzurüsten und kommunale Leitlinien zu erstellen, dass wir die vielfältigsten Möglichkeiten, zum Beispiel im Bereich Mobilität nutzen können. Kennzeichnend des Ulmer Wegs ist dabei der intensive Austausch und Diskurs mit der Bürgerschaft“, erklärte die Leiterin der Geschäftstelle Digitale Agenda der Stadt zu Beginn der Sitzung, bei der die Expertinnen und Experten gemeinsam Vorschläge für die Handlungsbereiche „Stadtplanung und Digitalisierung“, „Bildung und Kultur“, „Innenstadt, Handel und Tourismus“ sowie „Sicherheit im öffentlichen Raum“ erarbeiteten.

Blick über den Tellerrand
Die Diplom-Ingenieurin Melanie Humann, die das Projekt an der TU Dresden wissenschaftlich begleitet, empfahl zur zukünftigen Stadtplanung die Einführung eines digitalen Flächenmanagements, das nicht nur über bestehende Gebäude, sondern jederzeit auch über freiwerdende Flächen Auskunft gibt: „Das wäre eine Datenplattform, auf der man zukünftig strategische Entscheidungen treffen kann.“ Für die Architektin hat die SmartCity keine Stadtgrenzen: „Man muss auch über den Tellerrand der Kernstadt mit ihren Quartieren hinausblicken und auch digitale Möglichkeiten in den auswärtigen Stadtteilen betrachten.“ Prof. Elke Pahl-Weber von der TU Berlin ergänzte: „Wichtig ist, dass sich in der Stadtentwicklung digitale und analoge Formate nicht ausgrenzen, sondern sie müssen zukünftig noch stärker miteinander verknüpft werden.“
Für Damian Wagner ist klar: „Die Ulmer Innenstadt stirbt nicht. Die Leerstände von Läden sind geringer als in so manch anderer Stadt.“ Für den städtischen Berater wird das Einkaufserlebnis auch in der Zukunftsstadt 2030 im Mittelpunkt stehen, nur dann eben breiter auf Shopping-Apps basierend: „Man muss frisch und neu denken. Denn innerstädtische Räume sollten zum Beispiel mehr für Pop-up-Shops geöffnet werden. Ulm muss seine Stärken stärken und die vorhandene Vielfalt beibehalten.“

Testraum für smartes Polizeirevier
Prof. Dr. Jörn von Lucke von der Zeppelin Universität Friedrichshafen sprach für die Expertengruppe des Handlungsfelds „Sicherheit im öffentlichen Raum“. Für sie war es wichtig, dass neben den Bürgern, der Verwaltung, dem Gemeinderat und der Polizei bei der Strategieentwicklung zwingend auch Datenschutzbeauftragte aus Stadt, Land und Bund einbezogen werden: „Wir denken auch an den Chaos Computer Club und die Quartiersmanager.“ Man müsse bewusst auf die Schutzbedürftigen zugehen und deren Sichtweise einer SmartCity mitaufnehmen. Bei einem Konzept Sicherheit 4.0 gehe es um Prävention und beileibe nicht nur um Kriminalität. Es geht um Fluchtwege, Evakuierungskonzepte und immer auch um Wohlfühlräume: „Man sollte diskutieren, ob Ulm nicht als Testraum für ein smartes Polizeirevier dienen kann.“

Das Bild der Zukunftsstadt geschärft
Dr. Kirsten Witte von der Bertelsmann-Stiftung zeigte sich beeindruckt, wie viele digitale Projekte die Stadt bereits auf die Schiene gesetzt hat: „Ulm sollte so experimentierfreudig bleiben und mit offenem Blick vorangehen. Denn das Projekt hat es verdient, dass es viel mehr Menschen wahrnehmen als nur die Ulmer und der Beirat selbst.“
Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch zeigte sich dankbar für die vielen Eindrücke und Impulse, die er und das Team der Digitalen Agenda bei der virtuellen Fachbeiratssitzung gewinnen konnten: „Durch ihre Expertisen helfen sie uns, das Bild von der Zukunftsstadt 2030 immer weiter zu schärfen. Denn nützliche, praktische Lösungen überzeugen immer noch am besten“.
Jörn von Lucke geht noch ein Stück weiter: „Ich bin sicher, dass die ganze Welt auf die Stadt blicken wird, die mit ihrem eigens entworfenen Datenethik-Konzept eine gute Grundlage für den digitalen Wandel geschaffen hat. Denn letztendlich geht es um die Gestaltung der Stadt der Zukunft.“